HerzAsphaltMörderGrubenRhapsodie

Herzasphalt ist der gelungene Versuch, eine Universalgeschichte des Lebens im Land zu installieren. Als Kollagist und Ausfransungskundler geht Richard Wall dabei mit einem genauen Blick vor. Einmal hat er eine Außenstelle der Beobachtung auf der Netzhaut, als Kontrolle hat er auf der anderen Seite einen Erlebnisstreifen mitlaufen, wo sämtliche  Zitate und Volksweisheiten gespeichert sind.

Helmuth Schönauer in Literatur und Kritik

 

... nicht länger zögernd – ich will auch nicht der Letzte sein, der es sagt: Ihre MörderGrubenRhapsodie ist ein großartiges Gedicht. Dafür drücke ich Ihnen den schweren harten finsteren eisernen Kranz aufs Haupt.“

Michael Guttenbrunner

 

Scheint der Tonfall solch endzeitlicher Wortkaskaden vorerst eine Resonanz zu sein von Bernhardscher Übertreibungsmanier (in der Substanz auch als Denken Erich Fromms heraufrufend), so nimmt der Text zusehens sprachphilosophische Dimensionen auf Grundlage von Ludwig Wittgensteins Schriften an; konsequenterweise läßt das Ich uns schließlich wissen, es ... gehe sogar soweit zu sagen, daß jede Sprache sich ihre eigene Welt erfunden hat – respektive noch immer erfindet.

Erich Brandl, Oberösterr. Kulturbericht

 

Wall wendet sich gegen eine Technik, die nur ihren eigenen Untergang noch bewirken kann, aber er bleibt auch hierbei nicht in der Deklamation eines vordergründig Bedeutenden stehen, zumal die Aussagen auch immer wieder mit witzigen Formulierungen in ihrer unbedingten Gültigkeit gebrochen werden.

Schweinfurter Tagblatt

 

Richard Wall: Streumond und Nebelfeuer, Gedichte,

 

Löcker, Wien 2019, 152 Seiten, Euro 19,80

 

 

 

Mit  STREUMOND UND NEBELFEUER  betritt ein bedeutender

 

Lyriker, Prosaist und Bildender Künstler Österreichs, nämlich

 

Richard Wall erneut die kleine, aber feine Bühne der Poesie

 

und liefert auch gleich das Umschlagbild des schön gestalteten

 

Gedichtbandes mit.

 

Seine Ars poetica hat sich in jahrzehntelanger Arbeit im Grenzbereich

 

zwischen Bild und Sprache an einem geistesgegenwärtigen Spiegel

 

geschliffen, der, gleichzeitig Rück- und Vorderseite, sozusagen den

 

Sprachraum extrem krümmend eine Einstein-Rosen-Brücke zwischen

 

Hier und Dort, zwischen äußerster Nähe und innerster Ferne erzeugt, Erinnerungen ausleuchtend und gleichzeitig Zukunft antönend, und

 

dies im Bewusstsein, dass diese Zeitenfolge nur ein vorläufiges

 

Konstrukt ist.

 

Die große Spannweite Wall’scher Geistesflüge, das breite Spektrum,

 

worin sich Wahrnehmung, Erinnerung und Reflexion zu Versen

 

vereinbaren und einander die Feder reichen, auch nur in Umrissen

 

deutlich werden zu lassen erscheint dem Rezensenten in diesem be-

 

grenzten Rahmen als ein Unterfangen, das selbst einem glücklichen, j a

 

übermütigen Sisyphos wohl dunkle Wolken auf die Stirn zauberte.

 

Da erscheinen beispielsweise im Zyklus UNI-PER-VERS-UM präzise

 

Befunde der  (Un)Weltlagen z.B. im Gedicht ZUR LAGE (p73)

 

Welt/Eine Spule, aus der sich jede und jeder/Seine irren//irrenden Fäden spinnt./...

 

und erhält im Gedicht RÄTSEL (p92) aus dem Zyklus WIRBELBLICKE

 

der Widerstand gegen eine augenscheinlich ökologisch und in ihrer

 

Humanität missglückende Welt in Form auch des poetischen Wortes seine gültige Punze: … Erfolgreich Widerstand/Zu erkennen in/Erleuchteten Wänden –//

 

Und den Schatten Gaben bringen/Über Gräber hinweg- /Sing wenn du wieder zu dir kommst.//Sing! 

 

Dann wiederum wird das vom Dichter noch Wahrzunehmende, das dem allgemeinen Blick schon unsichtbar geworden ist, im Gedicht BLICKWIRBEL

 

an einigen Beispielen als ein geheimnisvolles Atmen von Leben & Tod vor Augen und Ohren geführt, ein Atmen, das in KLAVIATUR DES LICHTS (p94)

 

aus dem Blickwinkel des Bildenden Künstlers das Verschwinden des Lichts in folgende Synästhesie fasst: …Das Geschaute ihn ihm/Als Dreiklang/verweht.

 

Unmittelbar Erlebtes führt bei Wall zu Gedanken, die ihrerseits wieder

 

in der Reflexion des/der Lesenden zu Erlebnissen werden, ja manchmal

 

auch zu Ersterbnissen, wenn der Poet in hellwacher Achtsamkeit der Natur gegenüber, nun selbst mit ihr ein Wesen, ein Wehen, ihre/seine Vergänglichkeit oder Zerstörung in Gedichten wie DAS ZITTERN DER ÄSTE IN MIR (p55), UFERBEREINIGUNG (p64) oder EPITAPH AUF EINE QUELLE (p65) zur Sprache bringt.

 

 

 

Und so führt Richard Wall unbeirrt sein Logbuch durch all die

 

Wellengänge seiner Tage und Nächte und hinterlässt uns keine Strohfeuer,

 

sondern Leuchttürme, die uns in dieser Zeit der großen Umbrüche

 

helfen, Kurs zu halten. Ahoi!